Westküste
23. Juni – Cape Wrath und Durness
Heute hatte Dieter Geburtstag – ein runder – und er hatte nur einige wenige Wünsche: Sonne und Meer. Naja, ein Leuchtturm sollte es auch noch sein – allerdings nicht irgendeiner, sondern der von Cape Wrath – ein paar Boote wären nicht schlecht, eventuell auch ein bisschen Strand, immerhin haben wir Sommer.
Das Organisations-Komitee gab sich große Mühe – nicht ganz einfach, nachdem der Wetterbericht Regen vorhergesagt hatte …. Aber morgens um 7 schien die Sonne, also saßen wir schon um 8 Uhr beim Frühstück, um die Fähre nach Cape Wrath nicht zu verpassen.
Der Leuchtturm von Cape Wrath stand ganz oben auf Dieters Prioritätenliste, und man kann da nicht einfach mal eben so hin gehen oder fahren – der einzige Weg dorthin führt mit einer winzigen Fähren über einen Fjord, dann geht es mit einem Minibus ca. 40 Minuten querfeldein bis zum Leuchtturm. Die Fähre fährt unregelmäßig, abhängig von den Gezeiten und der Nachfrage, es können nur immer maximal 8 Personen mit der Fähre übersetzen und 16 im Minibus fahren – also ein ziemlich unsicheres Unterfangen.
Wir wussten jedoch schon vom Vortag, dass heute die Fähre um 9:30 gehen sollte und waren kurz nach 9 vor Ort – zusammen mit 10 anderen Leuten, weitere 10 kamen kurz danach, also bereits 4 mehr, als mit dieser Fuhre zum Leuchtturm konnten.
Es war Ebbe, der Fjord nahezu trocken – wir fragten uns, wie hier eine Fähre übersetzen sollte. Aber dann kamen ein paar Männer, die aussahen, als könne man sich ihnen getrost anvertrauen …… also ab in das kleine Boot und übergesetzt.
Auf der anderen Seite mussten wir zunächst warten, während das kleine Boot wieder ablegte und die zweite Hälfte der Gruppe holte.
Dann ging’s los – in einem blauen Minibus, der schon bessere Tage gesehen hatte, mit einem Fahrer, der jede Menge flotte Sprüche auf den Lippen hatte und über eine Straße, die diese Bezeichnung absolut nicht verdiente. Es war schlicht ein Feldweg – die Fahrspuren oberflächlich geteert….
Wir saßen direkt hinter dem Fahrer – ich versuchte, aus dem fahrenden Wagen heraus zu fotografieren – mit mäßigem Erfolg, aber die Ausblicke waren einfach zu schön, um nicht wenigstens den Versuch des Festhaltens zu wagen…
Während der Fahrt erfuhren wir einiges Wissenswertes über das Kap und den Leuchtturm – gebaut wurde er bereits Mitte des 18. Jh. von Robert Stevenson; heute ist er nicht mehr bemannt, sondern voll automatisiert. Da es jedoch keinen Strom auf dem Kap gibt, wird er mit Batterien betrieben …
Nach ca. 40 ziemlich aufrüttelnden Minuten waren wir da.
Der Leuchtturm thront spektakulär auf einer fast 300m hohen Klippe, ringsum fallen die Felswände nahezu senkrecht ins Meer ab.
Wir konnten nur ca. 1 1/2 Stunden bleiben, bevor uns der Bus wieder abholte – aber die nutzten wir zu einer kleinen Wanderung über die Klippen.
Kurz vor der Rückfahrt begann es zu regnen. Wir ergatterten dieses Mal die Sitze neben dem Fahrer (dessen kurzer Schottenrock Knie wie Baumstämme entblößte). Von unserer Prime-Position aus hatten wir die Route bestens im Blick.
Zurück an der Anlegestelle ließen wir der drängelnden französischen Gruppe den Vortritt und warteten mit dem Rest etwa 20 Minuten auf die Rückkehr des Bootes. Wenn man keinen Zeitdruck hat, macht sogar Warten Spaß – zumal in so schöner Umgebung!
Zurück am Festland fuhren wir nach Durness bzw. ins benachbarte Balnakeil, wo mich mal wieder der schön gelegene Friedhof faszinierte.
Dann noch mal zur Sango Bay – dieses Mal bei Flut und stürmischem Wind.
Zwar war der Anblick spektakulär, aber wir wollten ein bisschen laufen – also ging es nach einer Teepause zurück nach Balnakeil (dem ehemaligen Sommersitz der Bischöfe von Caithness – die wussten genau, wo es schön ist) und dort zunächst über den fast unendlich breiten Sandstrand auf eine Landzunge zu, die sich weit ins Meer hinausschob.
Hinter uns brauten sich bedrohliche dunkle Wolken zusammen, aber da der Himmel vor uns blau war und die Sonne schien, marschierten wir einfach weiter.
Und wir wurden mit einer absolut fantastischen Szenerie belohnt: Zunächst führte der Weg durch grüne Wiesen – auf der anderen Seite leuchtete das Meer tiefblau.
Dann ein weiterer Sandstrand – makellos, das hätte auch in der Karibik sein können.
Und dann begann eine Dünenlandschaft, wie ich sie noch nie gesehen habe: Endlose riesige schneeweiße Dünen aus feinstem Sand, mit Dünengras bewachsen. Es war fast, als würde man durch eine Schneelandschaft gehen.
Dann wieder Blicke zur anderen Seite, wo das Meer in tiefem Blau strahlte.
Erstaunlicherweise schienen ein paar Kühe den Strand und das dortige harte Strandgras den saftigen Weiden vorzuziehen.
Wir machten uns langsam auf den Rückweg, denn der Himmel sah doch recht bedrohlich aus.
Auch die Heimfahrt bot noch jede Menge Sehenswertes – Licht und Wolken lieferten dramatische Effekte.
Wir stoppten nur kurz an unserer “Old School”, um neue Akkus für die Kameras zu holen, dann ging es weiter an unserem “Loch” entlang Richtung Meer, denn wir hatten die Gegend noch lange nicht völlig erkundet.
Ein Abstecher entlang einer Stichstraße führte mal wieder zu einem idyllisch gelegenen Friedhof ……
…. und einem weiteren Traumstrand.
So langsam knurrte uns dann aber der Magen – denn der Mensch lebt ja nicht von schönen An- und Ausblicken allein – und wir machten uns auf ins “Kinlochverbie Hotel”, wo wir schon am Vortag auf ein Bier nach dem Essen eingekehrt waren und in der herrlich britischen Lounge – mit gemütlichen Sofas, Traumblicken auf Hafen und Fjord, britischen Ladys, die Scrabble spielten, die Herren tranken ihren Whisky und spielten Karten oder lasen Zeitung…. Es war wie eine Art Wohnzimmer, wunderbar entspannt, total gemütlich- einfach ein Ort zum Abhängen (heute heißt das, glaube ich “chillen”….)
Jedenfalls hatten wir gestern festgestellt, dass auch das Essen dort ganz gut schien, also landeten wir wieder dort, bei frischem schottischen Lachs und Muscheln von der Isle of Skye – beides unglaublich lecker. Und anschließend räkelten wir uns wieder auf den üppigen Sofas und genossen die Abendstimmung im Hafen, den wir vom Fenster aus sehen konnten.
Den Sonnenuntergang konnten wir nicht mehr sehen – da waren wir schon im Bett, denn sie geht hier erst gegen 23.30 unter – aber die Stimmung war auch kurz nach 22.00 schon sehr schön ….
Kurz vor Mitternacht schoss ich noch ein Foto aus unserem Zimmerfenster – das Pendant am frühen Morgen folgt im morgigen Beitrag ….
24. Juni – Von Kinlochverbie nach Ullapool
Man soll den Tag ja nicht vor dem Abend loben – aber hier ist es einmal angebracht, denn am Ende eines wunderschönen und ereignisreichen Tages erwartete uns das beste Bed&Breakfast, das wir je erlebt hatten! “Tamarin” in Ullapool und seine Besitzer, Val und Richard, sind wirklich unglaublich – und jeder, das das liest und irgendwann mal nach Ullapool kommt, sollte hier übernachten!
Aber vor der Ankunft in Ullapool kam erst mal die Abreise aus Kinlochverbie und der “Old School”. Hier das versprochene Bild aus dem Zimmerfenster am frühen Morgen mit Blick über den Loch Inchard zum offenen Meer:
Gestärkt durch ein reichhaltiges Frühstück (für mich zu Beginn ein Schüsselchen Porridge mit dicker Sahne und braunem Zucker – Dieter schüttelt sich da immer) machten wir uns auf den Weg.
Zwar hatte sich der morgendlich blaue Himmel wieder etwas eingetrübt und es nieselte, als wir aufbrachen, aber schon bald besserte sich das Wetter wieder, und wir erlebten ein landschaftliches Highlight nach dem anderen. Über die A 838 ging es zunächst nach Südwesten, Richtung Scourie, vorbei an diversen kleineren Lochs, die in der Morgensonne glitzerten …..
…. oder auf denen kleine Boote friedlich auf dem glatten Wasser dümpelten …
Da ich schon jede Menge Postkarten geschrieben, aber sie mangels Briefmarken noch nicht alle verschickt hatte, hielt ich Ausschau nach einem Post Office. In Kylesku fanden wir die wohl kleinste Post der Welt – eine Art Hundehütte in einem Garten.
Als ich die Hütte ansteuerte, rief mir eine Frau zu “Wenn niemand da ist, einfach am Küchenfenster im Haus daneben klopfen…” und tatsächlich, die Post war unbesetzt, aber ein sanftes Klopfen am Küchenfenster schreckte eine zarte alte Dame auf, sie ließ ihre Kochtöpfe im Stich, zog ihre Schürze aus und kam freundlich lächelnd zur Tür. Dass ich gleich ein halbes Dutzend Briefmarken kaufen wollte, ließ sie strahlen – mit einem großen Schlüssel wurde die Hütte aufgeschlossen, die entsprechenden Briefmarken in einem dicken Buch gesucht und dann die Transaktion akribisch – nein, nicht in einem Buch, sondern im PC!!! – vermerkt. Obwohl die Lady aussah wie 80, beherrschte sie den PC souverän und fachsimpelte kurz mit mir über die Tücken des Internets….
Nachdem sie noch einen Teil meiner bereits geschriebenen Karten in Empfang genommen hatte (ich habe dadurch den Umsatz in dem 5-Häuser-Ort um sicher 200% gesteigert), zogen wir weiter.
Die Straße wand sich durch Täler mit Seen, hinauf in Hochmoore, überall blühte der Ginster, der Farn duftete würzig – es war einfach nur schön.
Bevor wir Richtung Lochinver abbogen, folgten wir der Straße noch ein kurzes Stück entlang des Loch Assynt, um die malerische Ruine des Castle Ardvreck zu besuchen. Die kleine Burg steht auf einem Halb-Inselchen im See, über die bewegte Vergangenheit kann man sich auf einer Infotafel informieren.
Weiter ging es Richtung Lochinver durch eine Heidelandschaft, entlang eines kleinen Flusses.
Bald sahen wir in der Ferne wieder das Meer, hier ist man nie weit von der Küste entfernt. Die Farbe – ein tiefes Aquamarin – war überwältigend.
Weil wir die Gärten von Achiltibuie besuchen wollten, in denen angeblich tropische Pflanzen gedeihen, fuhren wir einen Umweg – letztlich war der Garten zwar geschlossen bzw. aufgegeben, aber wir gönnten uns Tee und Scones in der Sonne mit Blick aufs unglaublich blaue Meer.
Und weil es hier so schön war, verlängerten wir den Umweg noch ein bisschen …
Am späten Nachmittag kamen wir schließlich in Ullapool an – einem malerischen kleinen Hafenstädtchen, mit einem sehr lebhaften Fischerei- und Fährhafen. Hier fahren die Fähren ab zu den Summer Isles. Entlang der Uferpromenade reihen sich Bed & Breakfasts, Geschäfte und Kneipen in malerischen bunten Häuser. Der kleine Hafen bot ebenfalls ein buntes Bild.
Wir bummelten die Straße entlang und fanden im Ferry Boat Inn auch gleich eine gute Möglichkeit für ein leckeres Abendessen mit tollem Hafenblick.
Aber zunächst wollten wir noch in unser B&B einchecken und machten uns auf die Suche nach “Tamarin”. Es liegt ein bisschen außerhalb und auf einem Hügel und war eine rundum positive Überraschung. Kein gemütliches altes Haus mit dicken Mauen, sondern ein ganz modernes Haus, helles Holz und viel Glas und gut in die Landschaft eingepasst.
Wir wurden von Valerie begrüßt, es war ein so warmes und herzliches Willkommen, als wären wir alte Freunde. Als sie uns unser Zimmer zeigte, konnten wir es kaum fassen – nicht nur war das Zimmer sehr schön, groß, hell und freundlich –
sondern der Blick war absolut atemberaubend. Unter uns lag der Loch Broom in seiner ganzen Länge – wäre es etwas wärmer gewesen, hätten wir es uns auf unserem Balkon gemütlich machen können.
So verzichteten wir auf ein Sonnenbad und machten uns auf nach Ullapool zum Essen – nicht ohne noch den Blick über den See auf die kleine Stadt festzuhalten, die auf einer Landzunge zwischen Loch und Meer liegt .
In Ullapool trafen wir mal wieder auf einen schönen alten Friedhof ….
….. eine gut frequentierte Hafenpromenade …..
…. und schließlich ein gemütliches Pub, in dem es für Dieter sogar einen halben Hummer gab.
Nach dem Essen noch ein kleiner Bummel am Hafen, dann ging’s zurück ins “Tamarin”.
25. Juni – Von Ullapool nach Gairloch
Nachdem sich die Sonne die letzten Tage schon früh am Morgen ziemlich ins Zeug gelegt hatte, meinte sie offenbar, heute mal ausschlafen zu können. Wir hatten allerdings auch wunderbar geschlafen, die Tempur-Matratzen waren wirklich ausgesprochen bequem und sehr rückenfreundlich. Beim Aufwachen war es trübe, kein Grund also, sich sonderlich zu beeilen und früh aus dem Haus zu kommen. Uns gefiel es ohnehin hier so gut, dass wir am liebsten länger geblieben wären – so versuchten wir zumindest, das schöne Bad mit seinem beheizten Schieferboden noch etwas auszukosten.
Eine Dusche mit einem gewissen Wasserdruck, ein Waschbecken mit einer Einhebel-Mischbatterie – für uns totale Selbstverständlichkeiten, aber auf der Insel alles andre als normal. Der Wasserdruck ist fast überall in Großbritannien sehr gering, die Duschen tröpfeln eher vor sich hin. Manche Hotels/Bed&Breakfasts werben sogar mit “Powershower”, wenn sie da irgendwie elektronisch nachhelfen – und das ist dann auch wirklich fast ein Ereignis.
Mischbatterien gibt es landesweit ziemlich selten – meist gibt es am Waschbecken einen Hahn fürs kalte und einen fürs warme Wasser, man hat also die Wahl, sich zu verbrennen oder eiskalt zu waschen. Gelegentlich gibt es halbherzige Versuche, das etwas zu verbessern, dann hat man zwei Wasserhähne mit einem Ausfluss – aber darin sind doch zwei getrennte Wasserströme verborgen, so dass dicht nebeneinander ein heißer und ein kalter Wasserstrahl herauskommen – nicht wirklich optimal. Aber im Tamarin gab es eine ganz normale Mischbatterie und die Dusche funktionierte mit einem bei uns üblichen Wasserdruck – Grund genug, das mal richtig auszukosten.
Beim Frühstück begann es dann zu regnen. Aber das vergaßen wir erst mal, denn Richards Frühstück war fantastisch – eine bunte Mischung frisches Obst, von Mango bis Blaubeeren, frisch gepresster Saft, zum Rührei gab es gegrillte Kirschtomaten, alles wirklich lecker. Vom Esszimmer aus konnte man auf Loch Broom schauen – zumindest theoretisch, denn es wurde immer diesiger.
Also hatten wir es nicht eilig, weg zu kommen – der Abschied von Val und Richard zog sich fast endlos in die Länge, wir redeten noch über Gott und die Welt …. aber irgendwann zogen wir dann doch los. Und als es so weit war, hatte der Regen auch bereits wieder aufgehört!
Weit fuhren wir erst mal nicht – schon nach ca. 15 km wollten wir zu einem Wasserfall, der in eine tiefe Schlucht fällt – die Falls of Meassach in der Corrieshalloch Gorge. Die Wanderung durch einen lichten Birkenwald brachte uns zu einer Hängebrücke, die eine schmale und wirklich tiefe Schlucht überspannte. Die steilen Felswände aus pechschwarzem Schiefer ließen alles noch enger und düsterer erscheinen.
Zwar regnete es kaum mehr – nur noch ein bisschen Nieseln – aber es blieb zunächst diesig. Das führte aber auch zu märchenhaften Lichteffekten.
An der Küste ließ sich dann die Sonne – noch etwas zaghaft, aber immerhin – wieder ab und zu blicken. Aber noch überwogen die Wolken….
Manche Landausläufer sahen fast aus wie die Tatzen von riesigen Echsen, die sich langsam ins Wasser schieben …….
Als wir jedoch beim Inverewe Garden ankamen, war es schon richtig mollig war geworden – etwa 16°, in der Sonne sicher deutlich mehr. Von Regen keine Spur mehr, wir konnten die ausgedehnte Gartenanlage als ausgiebig durchwandern.
Ein typisch englischer Garten – eine Mischung zwischen scheinbar natürlichem Landschaftsgarten, formellen Beeten, Wassergärten – mit wundervollen alten Bäumen.
Kleine Teiche im Sonnenlicht…
…. Terrassengarten am Fjord ….
…. und eine fantastische Fülle bunter Blumen, die man so hoch im Norden kaum vermuten würde.
Es fiel uns richtig schwer, weiter zu fahren – aber wir wollten ja auch irgendwann mal an unserem Ziel ankommen. Dabei war die Tagesetappe heute mit lediglich ca.90 Meilen wirklich nicht groß.
Immer wieder gab es aber Ausblicke,wo wir einfach anhalten mussten.
Kurz nach 16 Uhr waren wir dann in Gairloch – einem winzigen Ort, die Häuser, wie hier üblich, alle dicht aneinander aufgereiht an der Hafenpromenade, wobei der Hafen hier gerade mal aus einem Pier bestand.
Nach einem kurzen Rundgang suchten wir erst mal unsere Bleibe “Kerrysdale House”, das etwas außerhalb des Ortes lag. Der Empfang dort war etwas kühl – ich hatte vergessen, dass man eigentlich erst ab 18 Uhr anreisen sollte. Aber wir konnten dann doch unser Zimmer beziehen – ein deutlicher Abstieg im Vergleich zum Vortag und vor allem eiskalt. Hier gab es weder eine komfortable Fußbodenheizung noch einen Thermostat zur Wärmeregulierung wie im Tamarin – die altmodischen Heizkörper waren eiskalt und wurden auch nicht warm, als wir sie voll aufdrehten. Und das bei inzwischen nur noch ca. 10° Außentemperatur!
Wir flüchteten erst mal wieder in unser warmes Auto und nachdem wir auf einer Karte, die uns unsere Wirtin in die Hand gedrückt hatte, einen Leuchtturm offenbar direkt hinter Gairloch entdeck hatten, stand das Ziel fest – wir wollten dort hin und noch einen Spaziergang machen.
Die Karte war offenbar nicht maßstabsgerecht, denn statt kurz hinter dem Ort befand sich der Leuchtturm ca. 15 Meilen davon entfernt, die Straße mutierte zu einer Art Feldweg, der sich auch noch abenteuerlich um Felsen herum schlängelte und mit seinen Steigungen und Gefällen jeder Achterbahn Konkurrenz machte.
Aber das fast unwirklich türkisfarbene Meer und die Landschaft zogen uns irgendwie immer weiter – und irgendwann lag der Leuchtturm dann auch tatsächlich vor uns.
Weit draußen im Meer ein silberner Sonnenstreifen, vor uns der weiße Leuchtturm – das sah nicht schlecht aus und rief nach einem Spaziergang.
Aber wir bekamen kaum die Autotüren auf, so stark war der Wind. Mir riss es beinahe die Kamera aus der Hand, Dieter stemmte sich gegen den Sturm – die Wanderlust verging uns da doch ziemlich schnell.
Wir ließen es dann auch gut sein, machten uns auf den langen Rückweg und zu einem wohlverdienten Abendessen – Fish & Chips im „New Inn“, sehr lecker, mit schottischem Bier….
Und als wir ins Kerrysdale House zurückkamen, war unser Zimmer mollig warm – allerdings stellte sich dann später heraus, dass unser Bett gerade mal 1,80 m lang war – eine echte Herausforderung für jemand, der 1,86 m groß ist!
26. Juni – Von Gairloch zur Isle of Skye
Trotz des zu kurzen Bettes hatten wir überraschend gut geschlafen (wie eigentlich überall bisher – die schottische Seeluft macht müde…) Um 8:30 mussten wir frühstücken – das hatte unsere resolute Wirtin so festgelegt. Da wir heute ohnehin eine ziemliche Strecke mit vielen Highlights vor uns hatten, war uns das nur recht.
Aber ein Blick aus dem Fenster – strömender Regen, außerdem zunehmender Nebel, und das ausgerechnet bei einem Streckenabschnitt,dessen Reiz vor allem in guter Fernsicht bestand, denn es sollte unter anderem über Schottlands höchsten Pass gehen!
Wir hofften auf Wetterbesserung im Laufe des Tages – aber daraus wurde nichts: Es regnete in allen nur denkbaren Varianten, mal Sturzbäche, mal gleichmäßig, mal nur ein Nieseln – aber trocken war es keine Minute.
Trotzdem wagte wir uns an den Umweg und bogen kurz nach Shieldaig nach rechts auf eine Halbinsel ab, wo eine einspurige Straße zunächst sehr malerisch an der Küste entlang führt und dann nach dem Dörfchen Applecross den höchsten Pass Schottlands überwindet.
Applecross lag im Regen da – viel zu sehen gab es ohnehin nicht, obwohl durchaus Betrieb herrschte, denn hier gibt es ein sehr bekanntes Pub mit exzellentem Essen. Da Sonntag war, strömten die Leute trotz des miserablen Wetters hierher zum Lunch.
Dann nahmen wir die Passstraße in Angriff, die nicht so schlecht war, wie wir befürchtet hatten – was allerdings auch gut war, denn schon nach wenigen Kilometern steckten wir in den Wolken und die Sicht reduzierte sich auf wenige Meter. Es war also nichts mit dem vielgepriesenen Blick übers Meer auf die Isle of Skye – wir mussten froh sein, wenn wir nicht von der Straße abkamen, denn zu allem herrschte auch noch ziemlich reger Gegenverkehr –auf einer einspurigen Straße mit Ausweichplätzen im Nebel eine ziemliche Herausforderung für den Fahrer.
Irgendwann war der Pass geschafft, man konnte wieder etwas sehen – zum Beispiel das Schild, das alle nur denkbaren Warnungen vor der Straße, die wir gerade hinter uns hatten, auflistete.
Auch der Blick auf einen See bzw. aufs Meer war wieder möglich.
Wir wagten einen weiteren Umweg, denn Plockton wollten wir uns nicht entgehen lassen. Dort sollten jede Menge Palmen an der Uferstraß stehen und dem Ort ein südliches Flair verleihen.
Na ja – ein bisschen mediterran sah es schon aus, soweit man das bei unablässigem Regen überhaupt objektiv beurteilen konnte.
Sah man jedoch auf den Fjord hinaus, gab es nur Düsternis…. allerdings eine sehr malerische, die an chinesische Tuschezeichnungen erinnerte….
Bevor wir über die Skye-Bridge auf die Isle of Skye fuhren, gab es einen letzten Abstecher –zum Eilean Donan Castle, weltweit bekannt durch die “Highlander” Filme. Bei permanentem Regen war es mehr als schwierig, Fotos zu machen – nicht nur, weil man natürlich immer die professionellen Filmaufnahmen im Kopf hat, sondern auch, weil ich dauernd Regentropfen aufs Objektiv bekam (ich muss mir mal so einen Vorsatz zulegen, der sowohl die Sonne als auch den Regen in Schach hält, wenn es zu viel wird…)
Dennoch musste die Burg von beiden Seiten aufs Bild gebannt werden – hier die Ergebnisse:
Nach einem Tee- und Tank-Stopp überquerten wir die Brücke zur Insel. Dort regnete es nicht nur, sondern es hatte sich auch ein sturmartiger Wind entwickelt, der alle weiteren Versuche, irgendetwas zu fotografieren oder filmen, zunichte machte.
Zwar gab es – soweit man im strömenden Regen und Nebel überhaut etwas sehen konnte – durchaus einige Attraktionen, z.B. einen schäumenden Wasserfall. Beim Versuch, das Auto zu verlassen, um ihn näher anzusehen, scheiterten wir jedoch am Sturm, der den Schirm sofort umdrehte. Der Regen war außerdem so heftig, dass wir schon nach Sekunden trieften….
Wir wussten ja, dass es auf Skye an den meisten Tagen entweder Regen oder Nebel, manchmal auch beides, gibt –aber mit einer solchen Heftigkeit hatten wir nicht gerechnet. Trotzdem hatte das alles irgendwo einen gewissen Reiz: Von allen Bergen strömten Bäche wie silberne Fäden talwärts, Sturzbäche ergossen sich über die Felswände am Straßenrand, kleine Bäche (die zwei Tage später fast zu einem Rinnsal ausgetrocknet waren) wurden zu reißenden Flüssen
Also weiter nach Portree, wo wir die nächsten drei Tage im “Ben Tiavaneig” verbringen wollten. Das Haus war schnell gefunden, es liegt direkt an der Esplanade hoch über dem Hafen und ist mit seinem rostroten Verputz nicht zu übersehen.
Wir waren begeistert von unserem hellen geräumigen Zimmer und noch mehr von dem unvergleichlichen Blick über den kleinen Hafen und die malerischen Häuser – obwohl zunächst viel Phantasie erforderlich war, sich den Traumblick vorzustellen.
Aber es geschah eine Art Wunder – während wir im “See Breezes” Krebs-Scheren, Muscheln und Lachs schlemmten, klarte es draußen auf, und als wir mit dem Essen fertig waren, schien sogar die Abendsonne und vergoldete das Hafenwasser und die Boote. Und von unserem Zimmerfenster aus hatten wir jetzt wirklich einen traumhaften Ausblick– sogar noch kurz vor Mitternacht!
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