KENT & HEIMFAHRT
5. Juli – Sonne satt
Wir hatten uns entschlossen, unseren Aufenthalt in Kent angesichts der miserablen Wetteraussichten zu verkürzen und schon am Freitag mit der Fähre zurück zu fahren. Dazu musste die Fähre allerdings erst mal umgebucht werden, was sich allerdings als aussichtsloses Unterfangen darstellte. Online ging es nicht, sondern nur telefonisch. Bei der deutsche Servicenummer lief eine Bandansage, dass die Nummer gesperrt sei, die englische war unerreichbar – es kam nur ein Dauerton.
Entnervt gaben wir irgendwann auf und buchten eine neue Überfahrt für den 6. Juli – die allerdings fast doppelt so teuer war wie die bisherige. Hier läuft es wie bei den Billigfliegern – je näher der Reisetermin rückt und je voller die Fähre wird, desto höher ist der Preis. Allerdings mit 60 GBP für PKW + 2 Passagiere im Vergleich zu den Zeiten vor dem Tunnelbau immer noch recht günstig.
Heute morgen, bei unserer Abfahrt aus Woolacombe sah es noch recht gemischt am Himmel aus, aber je weiter wir nach Osten kamen, desto mehr Sonne gab es und bereits ab Tiverton hatten wir blauen Himmel, sahneweiße Wolken und viiiiiieeeel Sonne. Die Temperaturen blieben allerdings eisern bei 15-16°C, stiegen erst in Kent auf 18°C.
Von Devon, das landschaftlich und auch hinsichtlich seiner Dörfer sicher die schönste Grafschaft Südwestenglands ist (größtenteils erheblich malerischer als Cornwall, das sowohl rauer als auch schlichter ist, die Bewohner waren früher sehr arm und die Häuser sind entsprechend einfach gebaut) gelangten wir ins ebenfalls ländlich-malerische Dorset. Dorset ist das “Thomas Hardy County”, der Dichter hat hier gelebt und geschrieben, seine Romane spielen alle in seiner Heimat, die er allerdings “Wessex” nennt. Sein Wohnhaus, ein hübsches reetgedecktes Cottage in der Nähe von Dorchester, kann besichtigt werden – wir hatten heute aber keine Zeit, denn wir hatten eine ziemliche Strecke zu fahren.
Auf überwiegend nur zweispurigen Straßen (4-spurige sind Mangelware in England und ein Autobahnnetz wie bei uns gibt es ebenfalls nicht) kommt man nicht sonderlich schnell voran, zumal ständig Dörfer durchquert werden müssen. Trotzdem hatte ich angesichts des guten Wetters spontan beschlossen, die weitaus schönere Strecke im Süden zu wählen, statt über die Autobahn im Norden zu fahren. (Später erwies sich das auch als gute Wahl, den die M 25 um London war ab dem frühen Nachmittag ein einziger Stau).
Wir durchquerten den New Forest, eine unglaublich schöne Gegend, die wir schon oft besucht haben. Weil wir erstaunlich gut durchgekommen waren, beschlossen wir einen Abstecher und und bogen hinter Brighton in die South Downs ab.
Die “Seven Sisters”, eine spektakulärer Abschnitt der Kreideküste Südost-Englands zwischen Eastborne und Saeford, wollten wir schon lange mal sehen. Erst gab es Kaffee auf der Terrasse eines Landgasthofs, mit Blick auf einen Fluss, der in engen Schleifen zum Meer hin mäanderte. Dann durchquerten wir das malerische Dörfchen East Dean mit dem Tiger Inn, einem Pub wie aus dem Bilderbuch am Dorfanger.
Wenig später erreichten wir den Parkplatz des National Trust, direkt an der Küste, am Burling Gap. Wir stiegen den Hang ein Stück hinauf und hatten schon bald einen fantastischen Blick auf die Kreidewände.
Ein Stück weiter oben stand ein Leuchtturm, also ging es weiter bergan und es gab noch mehr weiße Klippen. Die Abbruchkanten waren völlig ungesichert, man tat gut daran, einen respektvollen Abstand einzuhalten.
Ein Stückchen weiter gab es sogar noch einen zweiten Leuchtturm ….
Und nachstehend noch ein Blick von Westen – das Bild ist allerdings nicht von mir …
Zum Schluss sahen wir uns das Ganze noch kurz von unten an.
Der Strand bestand aus sehr groben, bis zu faustgroßen, Kieseln, in denen man schlecht gehen konnte – eine ideale Methode, um sich den Knöchel zu verstauchen. Deshalb entschieden wir uns gegen einen ausgedehnten Strandspaziergang und setzten unseren Weg fort.
Da wir einen Tag früher von Norddevon weg sind und Kent verkürzt hatten, war auch unsere Unterkunft im komfortablen Bishopsdale Oast hinfällig geworden, den heute war dort leider nichts frei. Wir hatten uns deshalb für einen Ort näher an Dover entschieden und gestern ein Zimmer in einem Guesthouse in Hythe gebucht.
Hythe ist nicht Besonderes, auch das Guesthousenicht – aber ok – aber wir landeten noch in einem richtig guten Pub, wo wir ein letztes Mal englischen Fisch essen konnten – Dover Sole und Seabass, beides sehr gut.
Weil unsere Fähre morgen um 8:25 geht und wir um 7:45 bereits einchecken müssen, wurde der Abend im Pub nicht allzu ausgedehnt – obwohl wir in ein lebhaftes Gespräch mit unseren Tischnachbarn gerieten, einem Mann mit einem ausgefallen Hobby: Er sammelt historische Schwerter und Rüstungen, ist auf diesem Gebiet offenbar so was wie ein anerkannter Experte. Er reist regelmäßig nach Japan, wo die seiner Ansicht nach besten Schwertmacher leben, lobte aber auch die deutsche Schmiedekunst. Seine Frau hörte den Ausführungen ihres Mannes mit leicht resignierter Miene zu – anscheinend gibt er ein Vermögen für seine Leidenschaft aus.
Gut, dass wir ein Hobby haben, das wir teilen können – wir reisen ……
6. Juli – Wieder zu Hause …..
…. und endlich mal wieder Sonne total und richtig schön warm! Zwar hatten wir am Donnerstag angesichts des schönen Tages mal ganz kurz befürchtet, dass unsere vorgezogene Abreise doch ein Fehler war – aber am Freitag Morgen regnete es bereits wieder. Auch die Überfahrt verlief im Regen, also mal nicht an Deck, sondern in einer der Lounges gesessen und gelesen.
Ankunft in Calais – Regen. Bis Charlesroi änderte sich nicht viel, dann wurde es langsam sonnig und trocken und wir hatten das südenglische Tief endlich hinter uns gelassen. Noch ein richtig heftiger kilometerlanger Stau in Luxemburg, dann ging’s den Rest der Strecke zügig voran und um 18:00 Uhr waren wir wieder daheim.
Und nachdem wir gesehen haben, wie Wimbledon mehrfach wegen Regen unterbrochen werden musste und in Silverstone die Formel I Wagen gar nicht erst starten konnten, wegen der sintflutartigen Regenfälle, waren wir dann doch überzeugt, dass es ok war, früher heim zu reisen.
Inzwischen sind Schuhe und Klamotten wieder vom Schlamm befreit, wir genießen das sommerliche Wetter – und fangen langsam mit der Planung der nächsten größeren Reise an……
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