30. Januar – Einfach nur Phnom Penh
1. Februar 2013Eigentlich hätte ich ja richtig ausschlafen können – aber schon um 7 war ich wach und kämpfte heftig mit mir, ob ich mich in die kalten Fluten unseres kleinen Pools stürzen sollte. Stattdessen schaute ich erst mal nach den Mails und hatte gleich die perfekte Entschuldigung für die Frühsport-Vermeidung – im Posteingang tummelte sich einiges, was beantwortet werden sollte. Mails zu schreiben mit Blick auf eine zwar kleine, aber immerhin in der Morgensonne glitzernde Wasserfläche, bei Morgentemperaturen um die 25 ° – das hat schon was!
Nach dem Frühstück schlenderten wir wieder durch unseren Wat Bodum, entdeckten dort noch einen Reiter auf einer Kuh …..
…… und nahmen uns dann ein Tutuk.
Wir hatten mehrere Ziele und wollten das Angenehme mit dem Nützlichen verbinden. Zu den nützlichen Zielen gehörte die Post, denn trotz Emails und Blog freuen sich viele noch immer über bunte Postkarten mit exotischen Briefmarken. Außerdem wollten wir zur Canadian Bank, denn nachdem ich gestern bei mehreren ATMs mit Gebühren von 4-5$ konfrontiert war, waren wir sehr froh über den Tipp im neuesten Loose Reiseführer “Kambodscha” (Danke an Felix und Gila für das sehr nützliche Weihnachtsgeschenk!!!), dass die Canadian Bank keine Gebühren an ihren ATMs erhebt.
Da die beiden nützlichen Ziele ganz in der Nähe des Angenehmen, nämlich das Wat Phnom, lagen, konnten wir sämtliche Fliegen mit einer Klappe erschlagen. Unser Tuktuk-Fahrer kapierte glücklicherweise sofort, wo wir hin wollten, ließ uns erst Geld abheben, dann kauften wir Briefmarken und verschickten ein paar Karten (wobei wir allerdings feststellen mussten, dass erst am Montag wieder Post nach Deutschland geht – denn auf einem Aushang war zu lesen, an welchen Tagen in welche Länder Post verschickt wird – und „”Germany” steht nur Montags und Mittwochs auf der Liste, und dann auch nur vor 8:30 – und wir waren leider erheblich später dran….). Anschließend gingen wir die paar Meter zu Fuß zum Wat Phnom.
Am Fuß des Wat Phnom thront die Skulptur eines früheren Königs, umgeben von schönen Frauen und einem kernigen Soldaten.
Oben gibt es eher filigrane, rosig angehauchte Architektur …
… die rosigen Löwen begleiten einen dann auch noch die Treppe runter.
Katzen gab es auch an anderen Stellen zu sehen – sowohl zahme Hauskatzen, die sogar in den Räucherstäbchen-Abfällen nach Fressbarem suchten…
.. als auch furchterregende Tigerstatuen, eine davon mit Eiern und Speck im Maul. Der Speck briet in der heißen Sonne langsam vor sich hin, jedenfalls tropfte dem Tiger das Fett aus dem Maul. Vielleicht bereitet sich ja auch jemand nur sein Frühstück auf dieses etwas abwegige Weise?
Die schönen Lotusblüten der alten Dame fanden jedenfalls weniger Anklang.
Nachdem alles ausgiebig begutachtet war, suchten wir eine weiteres Tuktuk, um zurück zu fahren. Wir wollten am Wat Ounalom aussteigen –
bei unserem letzten Besuch hatten wir in einem Hotel direkt daneben gewohnt, es aber nie zu einem Besuch des Wats geschafft. Jetzt holten wir das nach und wieder gab es – wie in vielen Pagoden und Tempeln – eine Mischung aus Schönem und Skurrilem zu sehen:
Skulpturen –offenbar hielten die Figuren mal Zügel in den Händen …
Kuh und Wasserbüffel vor dem Tempeleingang
Feinste Schmiedearbeit
… und dazwischen Kinder und Mönche…
… und auf der Straße arme Alte … Es berührt mich jedes Mal sehr, wenn ich abgemagerte alte Menschen sehe, oft zahnlos und in Lumpen. Wer hier keine Familie hat, die sich kümmern kann – und da unter Pol Pot ein Großteil der Bevölkerung ausgelöscht worden war, gibt es davon eine Menge – muss bis zuletzt selbst für seinen Lebensunterhalt sorgen. Ähnlich schwer haben es die vielen verstümmelten Minenopfer, oft ohne Beine oder Arme, manchmal fehlen alle Gliedmaßen. Erstaunlicherweise betteln nur die wenigsten, die meisten versuchen, sich durch den Verkauf von Postkarten, Büchern oder anderen Dingen über Wasser zu halten.
Auch wenn man natürlich nicht jedem helfen kann – der alten Frau auf dem Foto habe ich ein paar tausend Riel in die Hand gedrückt, denn sie war ganz offensichtlich zu alt und zu schwach, um noch irgendwas zu verkaufen.
Wo wir die alte Frau trafen, standen etliche Menschen und starrten zu einer Tempelanlage in marzipanrosa, der Zugang wurde durch eine Kette, bewacht von bewaffneten Uniformierten, versperrt. Man konnte jedoch über die Absperrung hinweg fotografieren, was auch viele Kambodschaner taten.
Wir fragten uns, was das wohl für ein Gebäude ist – ringsum standen Kübel mit weißen Rosen, alle noch verhüllt – es sah so aus, als hätten diese Gebäude etwas mit der am 1. Februar bevorstehenden Kremierung des Königs zu tun. Bei genauerem Hinsehen konnte man erkennen, dass hier vieles nicht echt war – die Dächer waren nicht mit Schindeln, sondern mit Kunststoff-Platten gedeckt, auf die ein Schindelmuster aufgedruckt war, die Wände schienen eher aus Plastik und Pressspan als aus Mauerwerk zu bestehen. Unsere Vermutung war, dass das Ganze lediglich für die Verbrennungsfeierlichkeiten errichtet worden ist – oder man war nicht rechtzeitig fertig geworden und hatte deshalb improvisiert…
Phnom Penh gerät immer mehr in einen Ausnahmezustand – viele Frauen tragen weiße (= Farbe der Trauer) T-Shirts mit dem Portrait des Königs, überall werden kleine schwarz-weiße Trauerschleifen und Anstecknadeln mit dem Foto des Königs verkauft, vor dem Palast lagern Gruppen von schwarz-weiß gekleideten Menschen, Rotkreuz-Zelte und Dixiklos werden überall aufgestellt, an jedem zweiten Gebäude prangen riesige Fotos des verstorbenen Königs mit Trauerschleifen ….
Wir waren bereits auf dem Rückweg ins Hotel, als ich aus den Augenwinkeln etwas Goldenes, das sich bewegte, auf der Straße jenseits des Parks, durch den wir gerade gingen, sah. Bei genauerem Hinsehen sah es aus, wie ein Garuda- oder Drachenkopf – das wollten wir uns näher ansehen und überquerten die Rasenfläche. Und da sahen wir sie – eine Reihe goldener Wagen, mit Vogel- und Schlangenköpfen, die im Schritttempo Richtung Palast rollten!
Die prunkvollen Wagen werden am Freitag den Sarg des verstorbenen Königs sowie dessen Gefolge durch die Straßen von Phnom Penh transportieren, wo das Volk Abschied nehmen wird.
Nachdem der letzte Wagen vorbeigerollt war, machen wir uns – mit einem kleinen Umweg über das Unabhängigkeitsdenkmal –
aber endgültig auf ins Hotel, wir waren inzwischen reichlich verschwitzt und lechzten nach einem Sprung in den Pool. Es waren genügend Liegeinseln frei, so dass wir eine Weile einfach nur faulenzten. Als sich dann Hunger und Durst meldeten, ging es ein letztes Mal ins Karma zu einem wieder fantastischen Essen, als Nachtisch gab es für mich noch einen Frozen Lime Daiquri….